
Rede: Wiederaufbaukonferenz in der Ukraine
Anlässlich der durch die Bundesregierung gemeinsam mit der Ukraine ausgerichteten Wiederaufbaukonferenz für die Ukraine, gab es im Bundestag eine Aktuelle Stunde zum Thema. In meiner Rede habe ich skizziert, dass die militärische Unterstützung unerlässlich ist, damit die Ukrainer:innen ihre Freiheit verteidigen können. Ebenso unerlässlich ist jedoch auch die zivile Unterstützung, von Maßnahmen zum Wiederaufbau bis hin zur Stärkung der Zivilgesellschaft und der kommunalen Strukturen, damit die Ukraine eine Zukunft als freiheitlicher Staat und eine Aufnahmeperspektive in die EU haben kann.
Mein Redetext (es gilt das gesprochene Wort):
Anrede,
eine beeindruckende Konferenz in Berlin mit über 2.000 Teilnehmenden geht gerade in diesen Minuten zu Ende. Spricht man mit Ukrainerinnen und Ukrainern, gibt es immer wieder die eine selbe Botschaft: Bei allem Notwendigem, was die Menschen in der Ukraine zum Leben benötigen, läuft es in allen Gesprächen immer wieder darauf hinaus, dass sich die Ukraine zuvorderst gegen die außergewöhnlich aggressiven, zerstörerischen und zermürbenden Raketen und den Panzern aus Russland wehren können wollen.
Die militärische Unterstützung der Ukraine ist grundlegend, damit sich die Ukraine gegen den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands verteidigen kann.
Wer angesichts dieser Lage im Wahlkampf Frieden oder Krieg plakatiert wie das BSW oder wer sich so deutlich von Putin einspannen lässt, wie die sog. AfD – der hat sich auf die Seite des Aggressors geschlagen und damit für den Krieg entschieden.
Wir müssen und wir werden die Ukraine in jeder Hinsicht verlässlich, dauerhaft und umfassend unterstützen. Die Menschen dort haben ein Recht auf Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstverteidigung und wir werden ihren Weg zu einem nachhaltigen Frieden und zu robusten, zuverlässigen Sicherheitsgarantien begleiten.
Zugleich hat die Wiederaufbaukonferenz gestern und heute aber auch gezeigt, dass wir die Folgen der Angriffe, die die Menschen täglich spüren, nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Denn Russland führt gezielt einen Krieg gegen die Zivilbevölkerung.
Dass Deutschland die Wiederaufbaukonferenz gemeinsam mit der Ukraine ausgerichtet hat, ist ein starkes Signal. Es bekräftig unser Engagement jetzt und für die Zukunft. Wir haben die Chance genutzt, Wiederaufbaumaßnahmen konkret mit dem EU-Beitrittsprozess der Ukraine zu verbinden.
Der Wiederaufbau darf nicht erst beginnen, wenn der Krieg beendet ist. Und das hat die Ukraine Recovery Conference gezeigt, Wiederaufbau findet bereits jetzt statt: jeden Tag.
Wiederaufbau ist Hoffnung, Hoffnung für die Menschen vor Ort, um weiter durchzuhalten im Kampf für die Freiheit ihres Landes. Der Wiederaufbau von Schulen, Wohnhäusern und Krankenhäusern stärkt die Gesellschaft vor Ort.
Das lässt sich an vielen konkreten Beispielen zeigen, die auch auf der Konferenz diskutiert wurden, allem voran die Energieversorgung.
Seit Wochen bombardiert Russland massiv ukrainische Kraftwerke und Umspannwerke. Unzählige Menschen müssen ohne Strom leben, weil bereits die Hälfte der Energieinfrastruktur zerstört wurde. Die Energieversorgung muss schnell und vor allem dezentral wieder aufgebaut werden.
Meine Damen und Herren,
der Wiederaufbaubedarf geht aber auch weit über den der Infrastruktur hinaus. Deshalb spielte die menschliche Dimension als einer der Pfeiler des Konferenzprogramms eine besondere Rolle. Mittlerweile leben in der Ukraine fast 4 Millionen Menschen als Binnengeflüchtete, viele von ihnen tragen schwere psychische und gesundheitliche Schäden mit sich.
Die Versorgung dieser Menschen mit psychosozialer und gesundheitlicher Unterstützung braucht dringend mehr Aufmerksamkeit.
Der sozialer Zusammenhalt ist eine wichtige Voraussetzung für einen gelingenden Wiederaufbau. Hierbei kann der Austausch der außerhalb der Ukraine lebenden mit der ukrainischen Zivilgesellschaft enorm beitragen. Die Zivilgesellschaft muss beim Wiederaufbau eine zentrale Rolle spielen. Nur so können die vielfältigen Bedürfnisse der Ukrainerinnen und Ukrainer angemessen berücksichtigt werden.
Die Konferenz hatte auch das klare Ziel eines inklusiven und geschlechtersensiblen Wiederaufbaus des Landes. Wer mich kennt, weiß, dass ich mich schon lange mit der Zivilen Krisenprävention beschäftige. Immer wieder hören wir von Untersuchungen, die zeigen, dass Konfliktlösungen vor allem dann erfolgsversprechend sind, wenn Frauen maßgeblich daran beteiligt werden. Das ist und wird auch in der Ukraine der Fall sein.
Die Geschlechterperspektive ist in die gesamte Konferenz einbezogen worden und wurde durch ein eigenes Panel zum Thema Gender Mainstreaming und weibliche Führung thematisiert. Frauen müssen nicht nur mitgedacht werden, sie müssen auch aktiv den Wiederaufbau mitgestalten können.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist der Bedarf nach Fachkräften. Wir begrüßen daher ausdrücklich die Initiative zur Ausbildung von 180.000 Fachkräften, die Ministerin Schulze angekündigt hat. Für diese Fachkräfte-Allianz werden insgesamt mehr als 700 Millionen Euro bereitgestellt.
Lieben Kolleginnen und Kollegen,
der Wiederaufbau der Ukraine wird schon heute auf 450 bis 500 Mrd. Euro geschätzt. Ich möchte keinen Zweifel lassen: Hierfür müssen die eingefrorenen russischen Vermögenswerte eingesetzt werden. Und wir werden vieles privates Kapital mobilisieren müssen, daher ja auch das Setup der Konferenz.
Aber es ist auch in unserem ureigenen Interesse, dass wir uns mit dem Bundeshaushalt in substanzieller Höhe daran beteiligen. Andererseits muss allen auch klar sein, dass dieses gigantische Vorhaben nicht mal so eben aus dem Haushalt finanziert werden kann, wenn wir unsere eigenen Aufgaben zu Hause nicht vernachlässigen wollen – sozialer Zusammenhalt, Bewältigung der Klimakrise, Investitionsstau und vieles mehr. Angesichts der Zeit kann ich hier nicht in die Tiefe gehen, Reform der Schuldenbremse, Feststellung einer Notlage oder anderes. Wir müssen ausreichend Mittel zur Unterstützung für die Ukraine bereitstellen und wir müssen dafür eine Lösung finden. Unsere Zusagen werden wir einhalten.