Vor 20 Jahren starteten die ersten Fachkräfte des Zivilen Friedensdienstes, um in Krisen- und Konfliktregionen Frieden zu fördern und Gewalt vorzubeugen. Anlässlich dieses Jubiläums begrüßte ich zusammen mit der Gemeinsamen Konferenz Kirche und Entwicklung zahlreiche Gäste zum Parlamentarischen Abend im Deutschen Bundestag.

  • Zahlreiche Gäste konnte ich zum Parlamentarischen Abend anlässlich des 20. Jubiläums des Zivilen Friedensdienstes begrüßen. (Foto: Steffi Loos/Brot für die Welt)

Der Zivile Friedensdienst kombiniert als ein Gemeinschaftswerk von Staat, Kirchen und Zivilgesellschaft in einzigartiger Form staatliche und nichtstaatliche Möglichkeiten zur Friedensförderung. Sein 20-jähriges Bestehen nutzten wir dafür, Bilanz zu ziehen und einen Ausblick zu wagen, wie die zivile Konfliktbearbeitung weiterentwickelt werden kann.

Zivile Friedensförderung gehört zu den zentralen Zielen deutscher Regierungspolitik. Mit den Leitlinien „Krisen verhindern, Konflikte bewältigen, Frieden fördern“ beschloss die Bundesregierung im Jahr 2017 grundlegende Handlungsansätze und Instrumente sowie entsprechende Strukturen und Partnerschaften für die Friedensförderung. In den Leitlinien werden sowohl die besondere Rolle der Kirchen als auch der Zivile Friedendienst als besonderes Instrument des deutschen entwicklungspolitischen Beitrags zu Frieden und Sicherheit benannt.

Kirchen haben starke Netzwerke vor Ort

Im Zentrum der Podiumsdiskussion stand unter anderem die Frage, was der speziell kirchliche Beitrag beim Zivilen Friedensdienst ist: „Die Stärke der Kirchen weltweit liegt bei den vielen Netzwerken und Partnern vor Ort, die so vielfältig sind, wie ihre Ansätze“, so Claudia Lücking-Michel, Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH). Kirchen können auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen direkte Zugänge schaffen und so Friedensprozesse fördern. Friedensarbeit könne nicht isoliert betrachtet werden, sondern sei immer im Zusammenhang mit Gerechtigkeit und Versöhnung zu denken – zentrale konfessionsübergreifende Themen.

Einig waren sich die Podiumsgäste, dass religiöse Akteur*innen besondere Verantwortung bei Identitätsfragen und Vergangenheitsbewältigung tragen. Der Vertrauensvorschuss könne allerdings auch leicht missbraucht werden und Konfliktpotenzial bergen. Der kontinuierliche gemeinsame Dialog schütze vor Ausgrenzungen und Fanatismus.

Regierung auf ihre eigenen Leitlinien verpflichten

Auf dem Weg der Etablierung des Zivilen Friedensdienstes in der Öffentlichkeit waren die Leitlinien von 2017 ein Meilenstein. Sie geben der Bundesregierung ein verpflichtendes Handeln zur Konfliktprävention und Friedensförderung vor. Elke Löbel, Beauftragte für Flüchtlingspolitik im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), betonte, dass die Leitlinien das Ergebnis eines Prozesses seien, der von vielen Menschen aus der Zivilgesellschaft und von staatlicher Stelle getragen werde.

Durch meine Arbeit als Vorsitzender des Unterausschusses für Zivile Krisenprävention versuche ich, die Regierung immer wieder zur Umsetzung der Leitlinien zu drängen. Der Unterausschuss tagt unter meiner Leitung öffentlich, die Sitzungen sind zum Teil auch im Internet-Stream zu sehen – dadurch möchten wir den Austausch mit der Zivilgesellschaft über aktive Friedensarbeit fördern. Auch der Beirat Zivile Krisenprävention ist über die Jahre gestärkt worden und sieht sich als „Schnittstelle von Staat, Religionsgemeinschaften und Wissenschaft“.

Räume für Friedensarbeit werden enger

Ein kritischer Blick auf die aktuellen Rahmenbedingungen der ZFD-Arbeit kam von Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin von Brot für die Welt: „Zivilgesellschaft war noch nie so geschwächt wie aktuell: Massive Einschränkungen in der Presse- und Meinungsfreiheit, Morddrohungen und auch Ermordungen von Menschenrechtsaktivist*innen.“ Sie betonte, dass „soziale und politische Konflikte sich in den letzten Jahren durch den „Run“ auf knappe Ressourcen verstärkt haben. ZFD-Fachkräfte können ihre Rolle nicht mehr erfüllen, da ihre Handlungsräume zunehmend schwinden und sie durch vermehrte Gewaltandrohungen psychisch ausgezerrt sind.“ Hier seien das Auswärtige Amt und das Entwicklungsministerium gefragt, die Fachkräfte und lokalen Partnern durch die Auslandsvertretungen zu stärken und zu schützen, sonst gebe es bald keine Friedensdienste mehr.

Für die zukünftige Arbeit des Zivilen Friedensdienstes solle das Verständnis einer Globalen Lerngemeinschaft aktiv belebt werden, damit Friedensstifter*innen aus dem Globalen Süden auch im Globalen Norden wirken können.


Auf dem Podium zu „20 Jahre Ziviler Friedensdienst – Bilanz und Ausblick der Zusammenarbeit von Staat und Kirche bei der zivilen Konfliktbearbeitung“ diskutierte ich am 17. Oktober 2019 im Jakob-Kaiser-Haus des Deutschen Bundestags in Berlin mit:

• Dr. h.c. Cornelia Füllkrug-Weitzel, Präsidentin Brot für die Welt
• Dr. Elke Löbel, Leiterin Unterabteilung 22 (Flucht und Migration, Krisenprävention und -bewältigung) im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
• Dr. Claudia Lücking-Michel, Geschäftsführerin Arbeitsgemeinschaft für Entwicklungshilfe (AGEH)
• Dr. Jörg Lüer, Geschäftsführer von Justitia et Pax, Geschäftsführer GKKE
• Renke Brahms, Friedensbeauftragter des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland

Das Schlusswort sprach Dr. Karl Jüsten, katholischer Vorsitzender der GKKE. Die Moderation hatte Dr. Friederike Repnik von der AGEH inne. Ich danke allen Beteiligten für den interessanten und anregenden Austausch!