D er Raum für zivilgesellschaftliche Arbeit wird durch staatliche Repression und den Aufschwung rechter Ideologien weltweit enger. Unter dem Schlagwort „shrinking spaces“ diskutierte Ottmar von Holtz bei VENRO über diesen beunruhigenden Trend.
Instrumente der Unterdrückung, aber auch Gegenstrategien und weiterhin bestehende Optionen für emanzipatorische Praxis waren Thema der Gesprächsrunde mit dem Grünen-Bundestagsabgeordneten, der unabhängigen Beraterin zum Thema Menschenrechte Elena Zacharenko und Barbara Unmüßig von der Heinrich-Böll-Stiftung.
Freie Zivilgesellschaft weltweit unter Druck
Barbara Unmüßig stellte dar, wie die politische Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, sozialen Bewegungen und politischen Stiftungen ins Visier repressiver Regime gerät, die deren Einsatz für Demokratie, Frieden, Umweltschutz und Menschenrechte beschneiden wollen. Dies betreffe sowohl den Globalen Norden als auch den Globalen Süden. Direkte Repressionen nähmen zu, Journalisten landeten ohne Gerichtsverfahren im Gefängnis. Vertreter*innen von Nichtregierungsorganisationen aus dem Publikum ergänzten ihre direkten Erfahrungen mit weiteren Repressionsstrategien. Diese reichten von diffamierender Berichterstattung durch regierungstreue Medien über gängelnde Bürokratie bis zu Einschränkungen von Finanzierungsmöglichkeiten.
Besonders deutlich werde die „Krise der Demokratie“ beim Blick auf die Entwicklungen in den USA, Ungarn oder auch Polen, sagte Barbara Unmüßig. Mit Slogans wie „America first“ und dem Voranstellen ihrer nationalen Interessen trügen diese Länder maßgeblich zum Abbau des Multilateralismus und zum Rückgang internationaler Kooperation bei. Das Wegbrechen glaubhafter demokratischer Vorbilder führe leider auch dazu, dass weniger Druck auf repressive Staaten im Globalen Süden aufgebaut werden könne.
Elena Zacharenko betonte, dass die Regierungen in zunehmend nationalistisch und antidemokratisch agierenden Staaten trotzdem demokratisch gewählt seien und damit die Einengung zivilgesellschaftlichen Engagements zumindest teilweise Rückhalt in der Bevölkerung genieße. Ottmar von Holtz wies darauf hin, dass das Phänomen „shrinking spaces“ auch hierzulande erkennbar sei. Er nannte als Beispiel die zunehmende Stigmatisierung von Seenotrettungs-Initiativen für Flüchtlinge im Mittelmeer. Die von Rechten in die Welt gesetzte Mär der illegalen Schleusung durch die Seenotretter habe in erschreckend weiten Kreisen der Politik und Gesellschaft verfangen und erschwere die Arbeit der Aktivisten massiv.
Strategien für eine starke Zivilgesellschaft
Angesichts des teilweise düsteren Bildes plädierten die Diskutierenden für einen stärkeren Austausch fortschrittlicher gesellschaftlicher Akteure. In repressiven Staaten sei es zum Teil nötig, politisch aufgeladene Ausdrücke durch „neutralere“ Arbeitsbegriffe zu ersetzen, um eine Verfolgung zu umgehen. In Ländern wie Deutschland käme es hingegen darauf an, dass die Zivilgesellschaft sich offensiv und mit klaren Worten gegen diffamierende Sprache zu Wehr setze und lautstark für Demokratie und Menschenrechte eintrete.
Ottmar von Holtz betonte die Bedeutung der politischen Bildungsarbeit, um „shrinking spaces“ Einhalt zu gebieten und zitierte den Philosophen Oskar Negt: „Demokratie ist die einzige Staatsform, die gelernt werden muss.“. Die Bundesregierung sei in der Pflicht, die demokratische Beteiligung und Menschenrechte zu fördern, so von Holtz. Deutschland müsse eine menschenrechtsorientierte Politik verfolgen und sich dafür auf internationaler Ebene stark machen.